Erfahrungen von Beate
Der Name kann aber leider nicht darüber hinwegtäuschen, daß ich biologisch gesehen von Geburt her leider ein Mann sein soll.
Mein seelisches, also inneres, gedankliches oder auch gefühlsmäßiges Geschlecht ist nicht mit meinem körperlichem Geschlecht im Einklang.
Ich weiß, daß hört sich alles sehr kompliziert und verrückt an, ist aber die traurige Wahrheit. Mit anderen, einfacheren Worten, ich merkte ungefähr seit meinem 16 Lebensjahr, daß ich anders empfinde als andere Jugendliche. Ich bin seit meinem 16. Lebensjahr transsexuell, behindert und sitze seit 1990 im Rollstuhl.
Das alles liest sich, so glaube ich, ziemlich einfach, aber es steckt ein langer, langer Lebens- und Leidensweg dahinter, mit dem ich ein dickes Buch füllen könnte. Nicht genug, daß ich körperbehindert bin, nein nun auch noch transsexuell. Nähere Einzelheiten möchte ich den Leser dieser Zeilen aber im Moment noch ersparen. Bei detailierten Interesse bin ich aber jederzeit bereit, aus meinem Leben bzw. von meinen Erfahrungen als behinderte „Transe“ zu erzählen. (…)
Mittlerweile bin ich 56 Jahre alt, also der erste Lack ist ab. Trotzdem bin ich noch sehr beweglich sportlich und unternehmungslustig. Ich lebe seit vielen, vielen Jahren mit einer Frau zusammen, die mein Anderssein akzeptiert. Zu Hause lebe ich fast vollkommen als Frau. D.h. ich trage komplette Frauengarderobe, bin geschminkt und verrichte einen Großteil der Hausarbeit. (…) Im Prinzip stellt das, sexuell gesehen, eine Art lesbische Beziehung zwischen einer „männlichen Lesbe“ und einer richtigen Frau dar. Hier muß ich einflechten, daß es ein völlig falsches Klischee ist, daß alle Transsexuellen schwul sind. Die meisten sind trotz ihres Andersseins eindeutig auf Frauen orientiert und werden damit zwangsläufig zu einer Art Lesbe.
Die Bedingung, daß ich zu Hause ganz und gar Frau sein kann und die meine Lebensgefährtin an mich stellte, ist, daß ich eben nur zu Hause Frau sein darf. In der Öffentlichkeit, also beim Einkaufen usw. muß ich eher androgyn auftreten, das heißt zwar manchmal hart an der Grenze zur Weiblichkeit, aber doch eben nicht ganz als Frau. Der Grund ist der, daß meine Lebensgefährtin nicht in der Öffentlichkeit mit einem Mann in Frauenkleidern gesehen werden möchte und sich schämt, weil ich doch im Umfeld ziemlich bekannt bin.
Nun gut, werdet Ihr sagen, aber was will die Beate denn nun?
Die besondere Form meiner Lebensumstände hat natürlich den Nachteil, daß ich außer Internetkontakten und einigen Telefonkontakten mit gesunden Transsexuellen, die aber oft kaum Verständnis für behinderte Transsexuelle haben, keine Verbindung zu wirklich Gleichgesinnten habe. Ich weiß nicht, ob es allgemein bekannt ist, daß unter Transsexuellen ein oft unbarmherziger Konkurrenzkampf herrscht. Um nun aus diesem Teufelskreis oder aus diesem „Jahrmarkt der Eitelkeiten“ herauszukommen, suche ich und das nun schon seit Jahren, ebenfalls behinderte Transsexuelle. Aber mir geht es vorrangig, um seriöse, ernstgemeinte Brief- oder Internetkontakte zu Gleichgesinnten. Ich möchte mich zuerst einmal unterhalten, Erfahrungen austauschen und die erzwungene Einsamkeit durchbrechen. Sexuelle Kontakte interessieren mich erst in zweiter Linie. Ob sich aus diesem Kontakt dann später eine Freundschaft, oder wie auch immer entwickelt, ist eine andere Sache.
Da ich mir einfach nicht vorstellen kann, die einzige behinderte Transsexuelle im ganzen Weltall zu sein, rufe ich alle Gleichgesinnten, ob behindert oder nicht auf: „Bitte meldet Euch!“